Enzkreis: Klimawandelanpassung aktiv in den laufenden Planungen berücksichtigen
Die Diskussion der Strategien und Ziele zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels stand im Fokus des zweiten LoKlim-Workshops im Enzkreis am Montag, 21. Februar. Im Rahmen der Onlineveranstaltung tauschten sich über 40 Akteure aus der Kreisverwaltung, dem Kreistag, den Kommunen sowie Fachexperten aus den Bereichen Natur- und Umweltschutz, Wirtschaftsförderung, Land- und Frostwirtschaft, Verkehr, Energie- und Klimaschutz sowie Gesundheit und Soziales über Strategien, Ziele und Maßnahmen zur Entwicklung einer klimarobusten Zukunft im Enzkreis aus.
Frau Dr. Neidhard, erste Landesbeamtin, begrüßte die Teilnehmenden und wies auf die Bedeutung des Themas der Klimawandelanpassung für eine zukunftsweisende Planung im Kreis hin. Der Teilnehmerkreis des Workshops wurde für die Strategie- und Maßnahmenentwicklung auch um den Bereichen Gesundheit und Soziales erweitert.
Stefanie Lorenz, Projektkoordinatorin LoKlim, begrüßte die Anwesenden und erläuterte die Ziele: die beim ersten Workshop gesammelten Visionen für eine klimarobuste Zukunft des Enzkreises werden im zweiten Workshop weiterentwickelt und in konkrete Strategien und Maßnahmen überführt. Zur Vorstellung des LoKlim Projektes zeigte sie den im Rahmen der Nominierung von 3Sat über das Projekt erstellten Fernsehbeitrag und erläuterte die Aspekte der Klimawandelanpassung als breites Querschnittsthema.
Im Zentrum des zweiten Workshops stand die Entwicklung einer Strategie mit Zielen und Maßnahmen für einen klimarobusten Enzkreis. Dennis Fila, Doktorand im LoKlim-Projekt, erläuterte die aus den Ergebnissen des ersten Workshops entwickelten Leitsätze der Klimaanpassung. Für den Landkreis ist die Unterstützung und Information der Kreisgemeinden sowie die Berücksichtigung der veränderten klimatischen Ausgangsbedingungen in der laufenden Planung zentral. Bei den Kreisgemeinden geht es zum einen um den Schutz der Bevölkerung vor den unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels und zum anderen um die Erhöhung der Lebensqualität durch fortschreitende Klimaanpassungsmaßnahmen in allen relevanten Bereichen. Für die Handlungsfelder Verkehr, Wirtschaft und Gewerbe, Stadt- und Raumplanung, Gesundheit und Soziales, Land- und Forstwirtschaft, Wasser, Tourismus sowie Naturschutz und Biodiversität wurden jeweils eigene Leitlinien, Strategien und Maßnahmen formuliert. Diese Ausarbeitungen wurden in zwei Runden mit jeweils vier Kleingruppen diskutiert.
Die erste Runde startete mit den vier Gruppen: Stadt-und Raumplanung, Gesundheit und Soziales, Wasser und Tourismus. In der Gruppe Stadt- und Raumplanung waren sich die Teilnehmenden einig, dass der Schwerpunkt hier auf naturbasierten statt auf technischen Anpassungsmaßnahmen liegen sollte. Mehr Grün im städtischen Raum hat neben der Abkühlungswirkung auch viele andere positive Aspekte für die Aufenthaltsqualität, die Luftreinhaltung und den Rückhalt von Regenwasser. Hierbei wurde auch die Entsieglung von Flächen, verstärkte Fassadenbegrünung und die Erhöhung der Wasserspeicherfähigkeit besprochen. In der zweiten Gruppe zu Gesundheit und Soziales sprachen sich die Teilnehmenden für eine integrierte Betrachtungsweise des Themas aus, die neben der Hitzevorsorge auch die Ernährung und das Mobilitätsverhalten in den Blick nimmt. Bei der kritischen Infrastruktur sollten neben Schulen, Krankenhäusern, Pflegeheimen und Kindergärten auch die Anschlussunterbringungen für geflüchtete Menschen mitaufgenommen werden. In der Wassergruppe wurde über die Notwendigkeit einer erhöhten Wasserspeicherung vor Ort diskutiert. Im Enzkreis ist eine direkte Versickerung auf den Flächen oft nicht möglich, dafür aber die Ableitung über Gräben oder Rigolen Systemen. Im Austausch wurde die Anlage von kleinen aus Regenwasser gespeisten Wasserstellen, sogenannten Grumpen, angeregt. Die Anzahl der Gumpen hat in den letzten Jahren aufgrund der Trockenheit sehr stark abgenommen, was sich negativ auf die Amphibien auswirkt. Insgesamt sollte die Bevölkerung zu einem sensiblen Umgang mit den Wasserressourcen insbesondere in den Sommermonaten angeregt werden. In der vierten Gruppe zu Tourismus war die Erschließung der Enz für den Badebetrieb ein Thema. Ebenfalls wurde eine Vernetzung der einzelnen Bereiche angeregt ggf. auch unter Einbezug der Land- und Forstwirtschaft.
In der zweiten Runde der Kleingruppen standen die Themen: Verkehr, Wirtschaft und Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft sowie Naturschutz und Biodiversität auf dem Programm. In der Gruppe Verkehr stand der Radverkehr und die Schaffung eine sattraktiven, klimaresilienten Radwegenetzes im Fokus der Diskussion. Dazu gehört die Sicherung der Radwege im Betrieb (z.B. Äste nach Sturm, Räumung im Winter), Trinkwasserbrunnen und Werkstattangebote auf der Strecke sowie sichere Abstellmöglichkeiten über Garagen oder Fahrradboxen. Die Gruppe Wirtschaft und Gewerbe sprach sich für ein Kompetenznetzwerk für die Weitergabe von Informationen und Sensibilisierung von Unternehmen für die Klimawandelanpassung aus. Gleichzeitig sollte über die Sanierung und Modernisierung von bestehenden Gewerbegebieten nachgedacht werden. Die Teilnehmenden der Gruppe Land- und Forstwirtschaft wiesen darauf hin, dass der Landkreis und die Kommunen im Bereich der Landwirtschaft nur beratende Funktionen einnehmen. Insgesamt soll der Wasserrückhalt und die Anlage von Hecken auf landwirtschaftlichen Flächen gefördert werden. Die Erhöhung der Regenwasseraufnahme ist auch im Wald ein Thema. In beiden Bereichen bedarf es der Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung in der Bevölkerung. Die Kleingruppe Naturschutz und Biodiversität sieht in der Renaturierung von Fließgewässern und einem Fokus auf feuchte Gebiete eine Möglichkeit die Arten zu unterstützen, die am meisten unter den Folgen des Klimawandels leiden. Gleichzeitig sollten hier Maßnahmen zur Entsiegelung von Parkplätzen und naturnahen Bewirtschaftung von Gärten angegangen werden. Insgesamt wurden die aufgezeigten Ziele und Maßnahmen zur Klimawandelanpassung im Enzkreis sowie das Leitbild sehr begrüßt und als wünschenswert für die Entwicklung des Kreises gesehen.
Der dritte Workshop im Rahmen des Projektes ist für den 22. Juni 2022 geplant. Hier sollen die im zweiten Workshop diskutierten Maßnahmen priorisiert und eine Strategie zur Umsetzung der Klimaanpassung im Enzkreis auf den Weg gebracht werden.